Preview: Case Study „Orte zirkulärer Praxis“
Wie können lineare Muster durchbrochen werden? Wo können Menschen zusammenkommen, um an einer gemeinsamen Zukunft zu arbeiten und mit zirkulären Praktiken zu experimentieren?
Ein Team des social design lab hat sich in den letzten Monaten mit diesen Fragen beschäftigt und eine Case Study über „Orte zirkulärer Praxis“ erarbeitet. Darin werden physische Orte, die zirkuläre Praktiken in ganz unterschiedlicher Weise erleb- und erfahrbar machen, in ganz Europa untersucht. Auf Basis dessen ergibt sich einerseits ein thematisches Raster, mit dem sich solche Orte besser erfassen lassen, und andererseits ein Ansatz, deren Wirkungspotenzial genauer zu untersuchen. Mit der Wirkungspotenzialanalyse wird erfasst, in welchen Feldern die Projekte agieren und wie diese Transformationen im Sinne einer Circular Society bewirken können.
Orte zirkulärer Praxis beschreiben physische Zentren, die zirkuläre Praktiken etablieren und stärken möchten. Konkret sind damit unter anderem Reparaturangebote, Gebrauchtwarenhandel, Bildungsformate, Materialbörsen oder Tauschformate gemeint. Diese Angebote sollen für eine breite Zielgruppe erleb- und erfahrbar gemacht werden. Zum Teil sind diese Zentren an Wertstoffhöfe oder Recyclingzentren angeschlossen und legen besonderen Wert auf die Vernetzung und Kooperation zwischen unterschiedlichen Akteur*innen, andere werden wiederum von städtischen oder kommunalen Abfallwirtschaftsbetrieben organisiert.
In der Case Study werden die unterschiedlichen Orte zirkulärer Praxis auf Projektkarten übersichtlich dargestellt. Diese sollen zum einen die einzelnen Projekte mit ihren Besonderheiten portraitieren, zum anderen als Inspirationssammlung für andere Initiativen oder Interessierte dienen.
Zur Relevanz solcher Orte zirkulärer Praxis soll hier als kleiner Vorgeschmack ein Akteur zu Wort kommen, der einen solchen Ort maßgeblich mitgestaltet: Kai Kuhnhenn vom Konzeptwerk neue Ökonomie e.V. in Leipzig.
„Unsere Art zu wirtschaften ist zwar nicht der einzige, aber ein zentraler Grund, wenn es um Klimakatastrophe, zunehmende Ungleichheit, Ausbeutung von Mensch und Natur, Patriarchat, etc. geht. Daher brauchen wir einen grundlegenden Wandel – weg vom Ziel ständigen Wachstums um jeden Preis hin zu einer Wirtschaft, in deren Mittelpunkt die grundlegenden Bedürfnisse aller stehen.
Wenn wir gefragt werden, wie solch ein Wandel in die Welt kommt und was denn jetzt jede:r einzelne tun kann antworten wir oft, dass es da verschiedene Handlungsebenen gibt: Hinterfragen des eigenen Lebens(stils), politische (Lobby-)Arbeit, Bildungsarbeit, Widerstand leisten und natürlich: Alternativen aufbauen. Solch eine Alternative ist für uns das Transformationszentrum am Tempelhofer Feld, aber auch unser eigenes Konzeptwerk.
Was ist so wichtig daran, Alternativen aufzubauen? Dazu gibt es mehrere Antworten:
Die Alternativen verbessern konkret die Lebensqualität der Beteiligten – das kann ich sowohl für das Konzeptwerk als Arbeitsort bestätigen als auch in meinem Privatleben als Mitglied einer Hausgemeinschaft und eines solidarischen Landwirtschaftsbetriebs. Ganz zentral ist dabei das Erleben eines anderen Miteinanders – ohne Hierarchien und solidarisch, weil eben nicht der private Gewinn im Vordergrund steht, sondern ein gutes Zusammenleben oder die gemeinsam organisierte Versorgung mit guten Lebensmitteln.
Mit den Alternativen wird im Hier und Jetzt ausprobiert, wie ein anderer Umgang miteinander, ein anderes Arbeiten und Wirtschaften funktionieren können.
Die Alternativen machen eine andere Gesellschaft für Beteiligte vorstellbar. Insofern sind sie auch oft Kronzeugen dafür, dass es eben anders geht – solidarisch, demokratisch, sozial gerecht und unsere Mitwelt bewahrend.“
Orte zirkulärer Praxis können also als Inkubatoren wirken, sie können Orte der neuen Vergemeinschaftung bilden oder nachhaltigen Konsum ermöglichen. Sie fungieren als Orte der Weiterbildung, als Experimentierräume und bilden ein Gegengewicht zu linearen Praktiken. Dabei ist festzustellen, dass je nach Kontext und Ort unterschiedliche Strategien umgesetzt werden können. Es erweist sich dabei als besonders hilfreich, Zielgruppen und Ziele klar festzulegen und unterschiedliche Besucher*innen- und Interessensgruppen mit ihren jeweiligen Bedarfen in den Blick zu nehmen. Durch die vorgestellten Beispiele wird außerdem deutlich, dass Orte zirkulärer Praxis durch die Kooperation zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Akteur*innen eine besonders solide Basis erlangen können.
Die Case Study wird Anfang Juni hier veröffentlicht.